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23.10.2010
 
Newsletter Nr. 1 - 3/2010 (Januar bis Juni 2010)
 
  1. Präimplantationsdiagnostik (PID) und Präimplantationsscreening (PIS)
  2. Fertilitätserhaltende Therapie bei atypischer Endometriumshyperplasie und Endyometriumskarzinom

1. Präimplantationsdiagnostik (PID) und Genetisches Präimplantationsscreening (PGS)

Präimplantationsscreening (PGS) muß von der Prämplantationsdiagnostik (PID) unterschieden werden. Indikation zur PID ist ein bekanntes schweres genetisches Leiden, von welchem mit einer gewissen hohen Wahrscheinlichkeit ein Kind betroffen sein kann. Im Rahmen einer assistierten Reproduktion können Blastomeren von möglicherweise mit dem genetischen Defekt behafteten Embryonen untersucht und dann der Transfer von Embryonen vorgenommen werden, die den Defekt nicht aufweisen. In einem neulichen Urteil des BGH in Leipzig wurde festgestellt, daß die PID in ausgewählten Fällen nicht gegen das Embryonenschutzgesetz (EschG) verstößt.

Es war abzusehen, daß eine vehemente Debatte auch mit dem Ruf nach einem gesetzlichen Verbot aufkommen würde. Der Presse ist zu entnehmen, daß die Auffassungen dazu quer durch alle Parteien und Gruppierungen durchaus nicht einheitlich sind.

Unaufgelöst ist hierbei zumindest vom Rechtsempfinden her der Widerspruch, daß die PID mit der Konsequenz der Nichteinnistung des genetisch betroffenen Präimplantationsembryos (in der Regel dann im Stadium der Blastozyste) verboten sein sollte, während nach einer Pränataldiagnose das zukünftige Kind bis in die Fetalperiode hinein abgetrieben werden kann.

Wie so oft, ist es auch hier die Terminologie bzw. Sprachregelung, die weiterhelfen kann. Bekanntlich ist es die „mütterliche Indikation“, die eine Interruptio nach ausführlicher Beratung straffrei stellt. In Analogie dazu dürfte es keine Schwierigkeiten bereiten, die PID mit der Konsequenz des Unterlassens des Embryotransfers aus mütterlicher Indikation zuzulassen.

Ein Streitpunkt wird sicherlich darin bestehen, wie die Entnahme einer Blastomere (einer Zelle des achtzelligen Embryos) zu bewerten ist. Handelt es sich um eine Probebiopsie oder um die Entnahme einer pluripotenten Embryonalzelle, also um einen Embryo, der dann im Verfahren der Diagnose zerstört und somit nach EschG zweckentfremdet verwendet wird. Realistischerweise muß die Entnahme einer Blastomere als Probebiopsie im Rahmen einer indizierten PID betrachtet werden, wie es offenbar auch die Sicht des BGH in Leipzig war. Klonen und verbrauchende Embryonenforschung sind bekanntlich ohnehin nach EschG verboten.

In diesem Zusammenhang können wir mit Ernst Boch hoffen, daß nur in der Überwindung utopischer (radikaler und fundamentalistischer) Geisteshaltung und in der Selbstdisziplinierung zu realistischem Denken eine Hoffnung auf Verbesserung unserer Lebensbedingungen liegt.

Das Genetische Präimplantationscreening (PGS) ist hingegen nicht erlaubt. Die Frage nach einem PGS wird seit dem Urteil zur PID von vielen Kinderwunschpaaren vermehrt gestellt. Im Ausland wurden vor allem unter dem Aspekt einer möglichen Verbesserung der Schwangerschaftsrate diesbezügliche Forschungen durchgeführt. Die Ergebnisse waren enttäuschend: Die Schwangerschaftsrate in Zyklen mit PGS war sogar niedriger als in Kontrollbehandlungen ohne PGS.

Literatur

Korevaar JC. No beneficial effect of preimplantation genetic screening in women of advanced maternal age with a high risk for embryonic aneuploidy. Hum Reprod. 2008 Dec;23(12):2813-7.

Dies wird und wurde ausführlich in der Kleinen Broschüre und bereits im Sonder-Newsletter Nr. 15 (2010) diskutiert.

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2. Fertilitätserhaltende Therapie bei atypischer Endometriumshyperplasie und Endometriumskarzinom

Adenomatöse Hyperplasie des Endometriums und frühe Endometriumskarzinome können durchaus bei Frauen mit noch bestehendem Kinderwunsch diagnostiziert werden – dies besonders seit der dramatischen Verschiebung des Kinderwunsches in das fortgeschrittene reproduktionsbiologische Alter. Wie die unten aufgeführten Publikationen zeigen bedeuten solche Diagnosen nicht unbedingt den Verlust der Fruchtbarkeit. In jedem Einzellfall muß auf der Basis histologischer (feingeweblicher) Untersuchungen und im Konsens mit der Patientin geprüft werden, ob eine konservative Therapie mit Gestagenen zu einer Normalisierung des Gewebsbefundes führt. Der Prozentsatz des Erhaltes der Fertilität ist so hoch, daß ein solcher Versuch gerechtfertigt ist. Bei Persistenz oder Progression des Befundes sind allerdings die etablierten operativen Konsequenzen zu ziehen.

Literatur

Ercan CM, Duru NK, Sakinci M, Alanbay I, Karasahin KE, Baser I. Successful twin pregnancy achieved by assisted reproductive technology in a patient with polycystic ovary syndrome with complex atypical endometrial hyperplasia treated with levonorgestrel-releasing intrauterine system. Gynecol Endocrinol. 2010 Feb;26(2):125-8.

Hahn HS, Yoon SG, Hong JS, Hong SR, Park SJ, Lim JY, Kwon YS, Lee IH, Lim KT, Lee KH, Shim JU, Mok JE, Kim TJ. Conservative treatment with progestin and pregnancy outcomes in endometrial cancer. Int J Gynecol Cancer. 2009 Aug;19(6):1068-73.

Gadducci A, Spirito N, Baroni E, Tana R, Genazzani AR. The fertility-sparing treatment in patients with endometrial atypical hyperplasia and early endometrial cancer: a debated therapeutic option. Gynecol Endocrinol. 2009 Oct;25(10):683-91. Review.

Sodano M, Bogliatto F, Morero S, Mosso L, Torchio B, Leidi L. Case report: Successful IVF programme after conservatively treated endometrial cancer. Reprod Biomed Online. 2009 Apr;18(4):578-81.

Han AR, Kwon YS, Kim DY, Kim JH, Kim YM, Kim YT, Nam JH. Pregnancy outcomes using assisted reproductive technology after fertility-preserving therapy in patients with endometrial adenocarcinoma or atypical complex hyperplasia. Int J Gynecol Cancer. 2009 Jan;19(1):147-51.

Signorelli M, Caspani G, Bonazzi C, Chiappa V, Perego P, Mangioni C. Fertility-sparing treatment in young women with endometrial cancer or atypical complex hyperplasia: a prospective single-institution experience of 21 cases BJOG. 2009 Jan;116(1):114-8.

Corrado G, Baiocco E, Carosi M, Vizza E. Progression of conservatively treated endometrial complex atypical hyperplasia in a young woman: a case report. Fertil Steril. 2008 Nov;90(5):2006.e5-8. Epub 2008 Aug 9.

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Gerhard Leyendecker