Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen
Der Vorsitzende
PRESSEMITTEILUNG
Zu den Urteilen des Bundessozialgerichts über die künstliche Befruchtung; die ICSI-Methode - auch weiterhin keine Kassenleistung
Köln, 15. Mai 2001. Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit drei Urteilen vom 3. April 2001 über Ansprüche von Versicherten auf Kassenleistungen zur künstlichen Befruchtung entschieden, bei denen es um die Anwendung der sog. ICSI-Methode ging, der intracytoplasmatischen Spermieninjektion.
In zwei Urteilen wurden die Ansprüche der Versicherten zurückgewiesen, in einem Fall wurde die beklagte Krankenkasse verurteilt, die Kosten für die künftigen Behandlungen nach der ICSI-Methode zu übernehmen.
Die schriftlichen Begründungen der Urteile liegen bisher nicht vor; die vom BSG herausgegebene Presseinformation vom 3. April 2001 (BSG-Pressemitteilung Nr. 10/0) reicht zu einer umfassenden rechtlichen Würdigung der Entscheidungen nicht aus, insbesondere auch nicht zur Beantwortung der Frage, ob der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen Anlass hat, seine Richtlinien vom 1. Oktober 1997 über den Ausschluss der ICSI-Methode als Kassenleistung zu ändern.
Zur aktuellen Rechtslage gibt der Bundesausschuss folgenden Hinweis:
Nach § 27a SBG V umfassen die Leistungen der Krankenkassen auch Massnahmen zur künstlichen Befruchtung. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat den Auftrag, in seinen Richtlinien nach § 92 SBG V die medizinischen Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Massnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft zu bestimmen. Die ICSI-Methode ist neben anderen Massnahmen eine besondere Art zur Herbeiführung einer künstlichen Befruchtung, bei der ein einzelnes Spermium mit einer Mikropipette aufgenommen und in das Cytoplasma der Eizelle injiziert wird.
Zu dieser Art der künstlichen Befruchtung hat der Bundesausschuss am 1. Oktober 1997 entschieden, dass für deren Beurteilung bisher keine ausreichenden Unterlagen vorgelegt worden seien, so dass die Voraussetzungen zur Einführung in die vertragsärztliche Versorgung als Kassenleistung nicht vorlägen. Die Gründe dafür liegen in den Gefahren erhöhter Fehlbildungsraten bei den nach dieser Methode gezeugten Kindern, die bisher nicht ausgeräumt sind.
Bei der ICSI-Methode handelt es sich im übrigen um eine i. S. des § 135 SGB V "neue Behandlungsmethode", die als Kassenleistung erst dann zugelassen ist, wenn der Bundesausschuss sie insgesamt positiv bewertet hat.
Der Bundesausschuss hat zugleich mit seiner ablehnenden Entscheidung vom 1. Oktober 1997 die Leistungserbringer der ICSI-Methode aufgefordert, durch Studien abgesicherte Daten zur Frage des Risikos von Fehlbildungen und Chromosomenanomalien vorzulegen. Die seit 1998 federführend von der Universität Lübeck durchgeführte Multi-Center-Studie ist noch nicht abgeschlossen, ihre Ergebnisse sollen im Herbst diesen Jahres vorgelegt werden.
Die Urteile des Bundessozialgerichts vom 3. April 2001 sind Entscheidungen in drei Einzelfällen; ihre Rechtswirkungen sind beschränkt auf die Parteien der betreffenden drei Gerichtsverfahren, sie haben keine unmittelbare Allgemeinwirkung auf andere Verfahren und vermögen auch die Richtlinien-Entscheidung des Bundesausschusses nicht zu ändern. Der Bundesausschuss war an den drei Gerichtsverfahren nicht beteiligt, weder als Partei noch als Beigeladener.
Daraus folgt, dass bei unveränderter Fortgeltung der Richtlinien des Bundesausschusses alle Krankenkassen an die Richtlinien gebunden und deshalb nach wie vor daran gehindert sind, die Kosten für eine Behandlung nach der ICSI-Methode zu übernehmen; das ergibt sich aus dem rechtlichen Gehalt der Richtlinien als untergesetzlicher Rechtsnormen.
Der Bundesausschuss wird nach Eingang der Urteilsgründe des Bundessozialgerichts und nach Vorlage des Ergebnisberichts der Lübecker Multi-Center-Studie erneut seine Beratungen darüber aufnehmen, ob die Entscheidung vom 1. Oktober 1997 zu ändern ist. Bis zu dieser Entscheidung können und dürfen die Kosten von den Krankenkassen nicht übernommen werden.